Wie versprochen geht es Schlag auf Schlag mit den Wanderungen.

Nach dem letzten Trip waren wir doch recht kaputt und schliefen zeitig. Wir gönnten uns einen Tag Pause und dann ging es mehr oder weniger frisch erholt auf die nächste Tour.
Sobald man sich mit dem Reisen in Guatemala beschäftigt, wird man auf diese Tour stoßen. Sie wird praktisch überall empfohlen und ich hatte schon einige andere Reisende getroffen, die ebenfalls begeistert waren. Und da wir ja jetzt erfahrene und begeisterte Wanderer waren, hatten wir eigentlich gar keine andere Wahl, als die Isomatte und den Schlafsack wieder auf den Rucksack zu binden und ein weiteres Mal los zu ziehen.

In kleiner Gruppe (4 plus Guide) machten wir uns also auf zur bisher längsten Wanderung meines Lebens! Der erste Tag war der härteste. Wir querten im Laufe des Tages einige Berge und Täler auf größtenteils sehr schlechten (oder nicht zu erkennenden) Pfaden. Ich hatte wirklich das Gefühl, sehr weit abseits der Zivilisation zu sein und sicherlich stimmte das auch. Aber die Natur war wieder einmal umwerfend! Ich merkte am Abend aber definitiv meine Beine.

In vielen abgelegenen Regionen Guatemalas sprechen die Einwohner noch ihre Maya-Sprachen und nur manche können auch Spanisch. So verschieben sich die Maßstäbe; in Mexiko war ich noch verwundert wie wenig Menschen Englisch sprechen, in Guatemala war ich froh, wenn sie Spanisch konnten. Da mein Spanisch auf jeden Fall besser ist als zu Beginn der Reise, kann ich immerhin ein sehr grundlegendes Gespräch führen und wenigstens etwas mit den Menschen interagieren.


Auch unsere Reiseführerin konnte nur Spanisch und war in einem abgelegenen Dorf aufgewachsen. Praktischerweise war ein Spanier in der Gruppe, der für uns bei Bedarf übersetzen konnte. So erfuhren wir, dass viele Einwohner ihr Dorf nie im Leben verlassen, nur wenn sie ins Krankenhaus müssen. Und dort gibt es dann natürlich eine Sprachbarriere, weil nur wenige die Maya-Sprachen sprechen und es unendlich viele verschiedene davon gibt. Auch unsere Führerin hat bis zum 23. Lebensjahr nur ihr Dorf gekannt und beginnt jetzt seit etwa 2 Jahren durch ihre Arbeit als Guide, mehr von der Welt zu erfahren. Sie fragte unseren spanischen Mitwanderer intensiv über das Leben in Europa aus und ich war wieder einmal überrascht, wie wenig andere über unser „normales“ Leben wissen. Vor allem, weil heute jeder ein Smartphone mit Internet hat und ja eigentlich alle Informationen ständig abrufbar sind. Handy-Empfang gab es übrigens während aller Wanderungen ständig und immer, selbst im letzten Dorf. Grüße nach Deutschland an dieser Stelle 😉

Nach ca. 9 Stunden erreichten wir unser Domizil für die Nacht. In einem abgelgenen Kaffepflücker-Dorf ohne Straßenanbindung, aber mit Strom vom Dieselgenerator breiteten wir auf dem extra frisch gefegten Betonboden unsere Isomatten aus und kochten auf dem mitgebrachten Spirituskocher Nudeln mit etwas Gemüse. Alle waren supermüde und schliefen zeitig.
Natürlich war es insgesamt nicht wirklich kompfortabel, aber ich mag solche Erlebnisse sehr. Es war eine einmalige Erfahrung, da man solche Orte sonst ja eher nicht besucht.
Schlafen konnten wir aber nicht, ohne vorher Temazcal auszuprobieren. Temazcal ist die traditionelle Maya-Sauna. Zunächst wir in einem großen Ofen Feuer gemacht. Unter dem Feuer befinden sich Steine und wenn das Feuer aus ist, können die Menschen in den Ofen steigen. Die Steine spenden weiter Wärme. Es fühlt sich ein bisschen an, als wäre man eine Pizza. Mit abwechselnd warmem und kaltem Wasser bringt man dann den Kreislauf in Schwung. Sehr interessant, ich habe mich allerdings gefragt wie viele Menschen dabei schon an einer CO-Vergiftung gestorben sind…


Am nächsten Tag wurden wir zeitig von den Hühnern geweckt und dann ging es los zur zweiten Etappe. Dieser Tag war nicht annähernd so anstrengend, aber dafür landschaflich auch nicht so schön. Ob die Gruppe allerdings bei einem genauso anstrengenden Tag als Ganzes angekommen war, wage ich zu bezweifeln.
Wir übernachteten wieder bei einer Familie, dieses Mal aber in einer kleinen Stadt. Sie kochten für uns ein ausgesprochen leckeres Essen. Gegrilltes Hähnchen mit Reis, Bohnen und natürlich Tortillas.

Am dritten Tag machten wir uns wieder ganz früh auf den Weg um den Sonnenaufgang über dem Lago Atitlan, dem Ziel unserer Wanderung, zu sehen. Der Rauch des bereits im letzten Artikel erwähnten Acatenango war schon bedeutend näher gekommen und man konnte sogar die Lava leuchten sehen.

Leider sieht die Tour einen bei vielen Menschen beliebten Platz vor, um den Sonnenaufgang zu betrachten. Es war schrecklich voll und manche Menschen können einfach nicht mal für eine Stunde den Mund halten. So erreichte dieser Sonnenaufgang lediglich 5 von 10 Punkten auf der von mir entwickelten Niceigkeits-Skala. Obwohl der Sonnenaufgang selbst ja gar nichts dafür kann. :/

Es war aber trotz des verkorksten Sonnenaufgangs eine unfassbar schöne Tour. Es ist auch irgendwie ein gutes Gefühl, 3 Tage lang von Punkt A zu Punkt B gewandert zu sein und nicht einmal hin und dann wieder zurück.

Wir blieben ein paar Tage am See und erkundeten ein wenig die Orte rundherum. Man fährt mit kleinen Schnellbooten von einer Stadt zur anderen quer über den See, da die Straßen unkomfortabel sind und außerdem mitunter Banditen ihr Unwesen treiben. Das Boot fahren macht definitiv Spaß, wenn nicht zu viel Welle ist und man keine Rückenprobleme hat.

Ein Ort (San Marcos la Laguna) ist als Hippie-Mekka weit über Zentralamerika hinaus bekannt. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Es war ganz interessant, die verschiedenen Menschen zu beobachten, aber nach einer Weile hatten wir auch genug gesehen. Es ist umwerfend, wie viele esoterische und spirituelle Workshops in dieser kleinen Stadt pro Tag angeboten werden. Von ekstatischem Tanzen über spezielle Malkurse bis zu Meditation ist alles dabei. Leider haben die ganzen Expats die lokale Bevölkerung aber vom Wasser in die Berge vertrieben. Das gilt mehr oder weniger auch für die anderen Orte am See, ist aber dort besonders signifikant. Wie immer hat Tourismus gute und schlechte Seiten…


Vom Lago Atitlan machten wir uns nach ein paar Tagen auf den Weg nach Antigua um unsere letzte gemeinsame Wanderung zu unternehmen. Und auf diesen Bericht könnt ihr besonders gespannt sein; ich denke es ist auf meiner Reise das größte Einzelhighlight, das ich erleben durfte.

Bis dahin,

Lukas