Liebe Leser,
ich hatte mir nach dem letzten Eintrag vorgenommen, den nächsten nicht wieder mit einer Entschuldigung zu beginnen, dass so viel Zeit vergangen ist, seitdem ihr etwas von mir gehört habt. Aber ich werde auch dieses Mal nicht darauf verzichten können. Ich habe allerdings wie immer eine gute Ausrede: ich hatte eine gute Zeit und da kommt das Schreiben manchmal einfach zu kurz… Heute ist es auch schon recht spät und ich war den ganzen Tag in Mexiko City unterwegs. Hoffentlich kommt am Ende etwas lesenswertes heraus. Leider ist meine Lektorin momentan zu sehr beschäftigt und kann ihrer Aufgabe nicht nachkommen. Vielleicht sollte ich den Posten neu vergeben…
Über das Fest der Toten habe ich ja schon berichtet. Aber natürlich habe ich in den mehr als 4 Wochen in Mérida noch einiges mehr erlebt. Die meisten wissen sicher, dass eines meiner Hauptziele der Reise das Spanischlernen ist. Und damit habe ich in Mérida richtig begonnen. Insgesamt 3 Wochen ging ich zur Sprachschule. Es war ein witziges Gefühl wieder zur Schule zu gehen; es gab sogar Hausaufgaben. Zwar fühle ich mich noch genauso jung wie damals direkt nach dem Abi, aber ich habe gemerkt, dass es eben doch schon mehr als 4 Jahre her ist.
An den meisten Tagen startete ich also pünktlich um 8 Uhr meinen „Spaziergang“ zur Schule. Ich wohnte für die Zeit nämlich bei Gasteltern etwas außerhalb des Zentrums. Aber ein bisschen Bewegung tut ja gut und morgens war es auch noch nicht zu heiß. An den Rückweg denke ich lieber nicht zu oft.
Von 9 bis 1 Uhr hatten wir dann Unterricht. In der ersten Woche hatte ich besonderes Glück und hatte nur einen Kommilitonen. Doch auch mit mehr Kommilitonen in den anderen beiden Wochen hat es Spaß gemacht und die Lehrer waren sowieso top. Ich finde, jede Schule sollte so gestaltet sein wie diese. Die Farben machen das Lernen gleich noch viel angenehmer. Nur über richtige Fenster und eine Klimaanlage sollte man nachdenken, da der Ventilator ständig alle Blätter herumwehte, wenn man sie nicht minutiös auf dem Tisch befestigt hatte.
Ich hatte ursprünglich geplant, 4 Wochen zur Schule zu gehen. Aber ich entschied nach 3 Wochen, dass ich sehr viel in der Theorie gelernt hatte und es nun Zeit für etwas mehr Praxis sei. Wie toll es gewesen wäre, wenn ich so eine Entscheidung damals auch in der richtigen Schule hätte treffen können….
Da ich bereits einen Flug nach Mexiko City von Mérida gebucht hatte, hatte ich noch ein bisschen „Freizeit“ (nicht, dass ich sonst so viel arbeiten würde, aber ihr wisst, was gemeint ist)
Ich fuhr nach Campeche, das etwa 2 Stunden Busfahrt entfernt an der Westküste Yucatans liegt. Eine ruhige Stadt am Wasser, das klang verlockend. Und ich wurde nicht enttäuscht. Einziger Minuspunkt ist, dass der Strand zubetoniert wurde, doch das hatte ich natürlich vorher gelesen. Aber die Sonnenuntergänge waren spektakulär und jeden Tag anders. Ich verpasste keinen einzigen. Man kann nie genug Sonnenuntergänge am Meer haben.
Campeche hat ein sehr schönes koloniales Zentrum, wie fast alle sehenswerten Städte in der Region. Das besondere hier ist die zu großen Teilen erhaltene Stadtmauer, die zur Verteidigung gegen die Piraten errichten worden war. Die Straßen sind in den Kolonialstädten schachbrettartig angelegt, sehr eng, Einbahnstraßen und nummeriert: die Straßen mit den ungeraden Nummern verlaufen beispielsweise aufsteigend von Ost nach West und die gerade von Nord nach Süd. So ist es meist recht einfach, eine Adresse zu finden: Calle 73 entre 24 y 26 bedeutet, dass man so lange auf der Straße Nummer 73 entlang läuft, bis man zwischen den beiden Straßen 24 und 26 ist und schon ist man da. In größeren Städten sind die Nummern allerdings teils mehrfach vergeben und da ich mich auf meine Handykarte verließ, war ich auf der Suche nach meinem Hostel zunächst in einer ganz anderen (und nicht wirklich schönen) Ecke der Stadt. Aber aus Fehlern lernt man ja bekanntlich. Und ich war froh, dass ich mit leichtem Gepäck reise und meinen Rucksack problemlos längere Strecken tragen kann.
Ich blieb 5 Nächte in der Stadt und erkundete sie sehr ausführlich. Im ersten Hostel, das gerade neu eröffnet worden war, war ich der einzige Gast. Aber der Besitzer war recht motiviert, sich mit mir trotz meiner begrenzten Spanischkenntnisse zu unterhalten. Trotzdem wechselte ich nach 3 Nächten die Unterkunft. Doch auch im nächsten Hostel war ich der einzige Gast. Offenbar habe ich einfach eine ungünstige Zeit erwischt, um die Stadt zu besuchen, denn die Auswahl an Unterkünften ist nicht besonders groß. Aber gelangweilt habe ich mich trotzdem nicht und die Zeit genutzt, um zum Beispiel am Blog zu arbeiten. (man glaubt es kaum) Und auch das Netflix-Abo konnte mal genutzt werden. Ich empfehle jedem die Serie QueerEye sehr!
Einige Tage verbrachte ich mit der Erkundung der Stadt zu Fuß. Ich stieg zum Beispiel einen viel zu steilen Hügel am Rand der Stadt hinauf. Die Aussicht hat sich allerdings gelohnt.
An einem Abend besuchte ich ein kostenloses Sinfoniekonzert in der wunderschönen Oper der Stadt. Der Dirigent erklärte zunächst, was man unter Programmmusik versteht, was der Unterschied zwischen einem Klavier und einem Cembalo ist und dass Leute im Winter Angst haben, hinzufallen. Auf dem Programm stand nämlich unter anderem der Winter aus den 4 Jahreszeiten von Vivaldi. Highlight dabei für mich war, dass ich fast jedes Wort verstehen konnte, obwohl er Spanisch gesprochen hat. Es ist oft sehr schwer für mich, die Leute zu verstehen, weil spanisch ja bekanntlich sehr schnell gesprochen werden muss und man möglichst viele Wörter zu einem verbindet…
Ich machte außedem einen Tagesausflug in die etwa 50 km entfernt gelegene Maya-Ruinenstadt Edzná. Das Mittel der Wahl, um irgendwo hin zu kommen, sind meist Collectivos (Sammeltaxis für etwa 15 Leute, die ihre Fahrt beginnen, wenn sie voll sind. Manchmal bedeutet das eine recht lange und nicht planbare Wartezeit, dafür sind sie günstig)
Edzná ist nicht ganz so bekannt und auch nicht ganz so groß wie andere Ruinenstädte, aber dafür wesentlich günstiger und vor allem ruhiger. Man konnte wirklich die Atmosphäre genießen ohne nervige Souvenirverkäufer. Und die Gebäude sind meiner Meinung nach mindestens genauso spannend wie zum Beispiel in Chichen Itza.
Wieder zurück in Mérida hatte ich noch einiges zu tun: Maya-Museum, Besuch der Stadt Izamal, Fahrt an den Strand nach Progreso, Walking-Tour, Cenoten…
Ich hatte dieses Mal ein gutes Hostel erwischt mit vielen netten Leuten. Und so ging die Zeit sehr schnell vorbei. Meine Gasteltern hatten mich zu einer ihrer Tanz-Aufführungen eingeladen und das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Es war interessant, danach mit den Künstlern etwas ins Gespräch zu kommen.
Typisch für Mexiko sind die Cantinas. Das sind Bars, in denen es oft Live-Musik gibt und natürlich eine reiche Auswahl an Speisen und Getränken. Ich lernte im Laufe der Woche noch ein paar dieser Lokale kennen. Sowas brauchen wir in Deutschland auch!
Damit war es für mich Zeit, Yucatan zu verlassen. Ich hatte in den ersten Wochen meiner Reise so viel gutes über Mexiko Stadt gehört, das ich bald einen Flug dorthin gebucht hatte. Yucatan hat mir sehr gefallen, ich kann jedem einen Besuch empfehlen. Allerdings ist es natürlich sehr touristisch. Ich hatte mir für den Beginn meiner Reise absichtlich diese Region ausgesucht, da man ja so einige Horrorgeschichten über Mexiko hört und Yucatan mit Abstand die sicherste Region des Landes ist. Ich habe mich kein einziges Mal unwohl gefühlt und wenn man sich an ein paar grundlegende Verhaltensregeln hält, die in jeder größeren Stadt der Welt gelten, wird man keine Probleme bekommen.
Ich fühlte trotz allem, dass es Zeit für neue Landschaft, eine neue Kultur und ein paar andere Eindrücke wurde und so freute ich mich sehr auf den nächsten Teil der Reise. Darüber werdet ihr dann in unbestimmter Zeit im nächsten Blog lesen. 😉
Das war es für dieses Mal. Wie immer möchte ich mich bei euch allen fürs Lesen bedanken und sende liebe Grüße nach Deutschland. Trinkt einen Glühwein für mich mit!
(Es hat mittlerweile so lange gedauert, den Blog fertigzustellen, dass ich nur noch nachträglich einen frohen ersten Advent wünschen kann… Allen eine wunderbare Weihnachtszeit!)