Land Nummer 3 der Reise war also El Salvador. Jeder, der schonmal irgendwo hin gereist ist weiß, dass man sich die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes nicht so zu Herzen nehmen sollte. El Salvador ist natürlich sehr gefährlich und man könnte den Eindruck bekommen, dass man 5 Minuten nach der Einreise ausgeraubt, entführt und verschleppt wird. 2016 war es meinen Kenntnissen nach das Land mit der höchsten Mordrate der Welt, wenn man von Kriegsgebieten absieht.
Und natürllich gibt es gewaltige Probleme, aber als Tourist ist man davon kaum betroffen. Größtes Problem El Salvadors im Moment ist die Bandenkriminalität, die aus den USA importiert wurde: da das Land schon seit langer Zeit von politischer Instabilität und Kriegen geprägt wird, leben viele Menschen im Ausland, vor allem in den Vereinigten Staaten. Etwa 2 Millionen leben dort, bei einer Gesamtbevölkerungszahl von nur 6,4 Millionen. Die Rückkehrer haben seit den 80er Jahren die Bandenkriminalität ins Land gebracht und so einen Kreislauf in Gang gesetzt, da deren Gewalt heute eine der Hauptfluchtursachen ist.
Aber diese Kriminalität findet in sehr bestimmten Gebieten statt und wenn man ein bisschen vorsichtig ist, im Hostel fragt wo es sicher ist und seinen gesunden Menschenverstand nutzt (ist ja immer gut) wird einem vermutlich nichts passieren. (Ich habe das Gefühl, dass ich das in einem der früheren Einträge schon einmal geschrieben habe. Es stimmt also möglicherweise)
Es ist auf keinen Fall so, dass ich ständig Angst um mein Leben oder mein Hab und Gut habe. Ich bin meist recht entspannt und die Leute sind nett wie in den anderen Ländern auch.
Ich habe wieder ein paar Dinge aufgeschrieben, die mir während meiner Zeit dort aufgefallen sind:
Witzig fand ich, dass in den Bussen neben den üblichen Leckereien auch Medikamente verkauft werden. Meist sind es diverse Schmerzmittel, die mit einer flammenden Laudatio beworben werden. Dass Leute im Bus Schmerzmittel kaufen, kann ich ja noch einigermaßen nachvollziehen. Eine Frau verkaufte allerdings das Parasitenmittel Albendazol. Sie hatte auf ein A4-Blatt bunte Bilder verschiedener Würmer gedruckt und hielt eine etwa 15-minütige Rede, bevor sie für 3,50 Dollar die Schachteln verkaufte. In Deutschland kostet eine Packung ungefähr 650 Euro sagt die Arzneimitteldatenbank. Da könnte man schon fast auf Vorrat kaufen, das Risiko wäre es wert.
Ein weiterer Punkt, der mir auffiel ist die extreme Waffenpräsenz: während meiner Reise wurde sie von Land zu Land immer mehr. Jeder etwas größere Laden im Land hat seinen eigenen Sicherheitsmann mit einer stark verrosteten Schrotflinte. Meist tragen diese eine Uniform, manchmal stehen aber auch Männer in Karohemd und Jeans vor den Läden, das ist dann irgendwie komisch. Auch Polizei und Militär treten martialisch auf. Einmal saß ich in einer Pupuseria und dann setzten sich fünf vermummte Soldaten mit Sturmgewehren an den Tisch neben mich. Sie fummelten auch ständig daran herum und hielten sie in alle möglichen Richtungen, was schon leicht nervös macht. Aber ich bin mittlerweile dran gewöhnt, sage ihnen ganz normal guten Tag und sehe ansonsten zu, dass ich nichts mit ihnen zu tun habe. Ich denke, dass ist eine der goldenen Regeln hier: immer schön von der Polizei fernhalten.
Was außerdem direkt auffällt ist das Fehlen der traditionellen Kleidung. Im Krieg wurden fast alle Eingeborenen umgebracht und so ist sie heute aus dem Straßenbild beinahe vollständig verschwunden. Was jedoch bemerkenswert ist, wie viel Wert dennoch aufs Äußere gelegt wird. Des Öfteren konnte ich beobachten, wie top gestylte Frauen aus ihren Wellblechhütten hervorkamen. Mich faszinieren solche Beobachtungen immer.
Dadurch, dass sie in den USA gelebt haben, sprechen viele Leute Englisch. Das war zunächst sehr ungewohnt, denn in den bisherigen Ländern war es eher die Ausnahme. Und wenn mich jemand auf Englisch anspricht, ich aber auf Spanisch eingestellt bin, verstehe ich immer erstmal garnichts. Es braucht einfach einen Moment, um umzuschalten. Sehr witzig, aber ich kam mir manchmal etwas dumm vor.
Alle Länder Zentralamerikas haben die Bürgerkriegszeit noch nicht allzu lange hinter sich gelassen. In El Salvador herrscht erst seit 1992 Frieden. Ein Mann mit dem ich mich im Bus unterhielt erzählte mir, dass der neue Präsident, der erst seit einigen Monaten im Amt ist, gute Arbeit leistet und sich viel verbessert. Diese Meinung habe ich tatsächlich öfter gehört und lobende Worte für Politiker sind aufgrund von Korruption und Vetternwirtschaft wirklich etwas besonderes in dieser Region der Welt. Diesen Optimismus der Menschen zu spüren, dass es in Zukunft bergauf gehen wird mit ihrem Land, machte mich sehr glücklich.
Der Tourismus ist die schnellstwachsende Branche des Landes. Dennoch steckt er erst in den Kinderschuhen. In vielen Hostels wird dazu animiert, seine Reiseerfahrungen mit dem Hashtag #dontskipelsalvador zu teilen. Ich finde das eine super Idee, denn tatsächlich überspringen viele El Salvador und auch Honduras einfach und fahren von Guatemala direkt nach Nicaragua. Dabei hat El Salvador großes Potenzial: das kleine Land mit entsprechend kurzen Fahr- und Reisezeiten hat viel verschiedenes zu bieten: Berge, Vulkane, Seen, Küste, Kultur ….
Es hat natürlich Vor-und Nachteile, in touristisch noch nicht so entwickelte Gebiete zu reisen. Die Einheimischen sind noch viel freundlicher und interessierter, da die Touristenmassen ihnen noch nicht den letzten Nerv geraubt haben. Und außerdem ist es natürlich ein ganz anderes Gefühl, für eine Weile fast keine Westler zu sehen. Es fühlt sich einfach viel originaler an.
Auf der anderen Seite gibt es vor allem im Osten des Landes beinahe keine Hostels in meiner Preiskategorie. Das ist natürlich ein Problem und deshalb verbrachte ich letztendlich nur etwas mehr als zwei Wochen im Land. Üblicherweise sind Backpacker und Budgetreisende ja die ersten, die ein Gebiet erobern. Wenn es dann in einigen Jahren genug Hostels gibt, möchte ich auf jeden Fall noch einmal zurückkehren und etwas mehr Zeit dort verbringen.
Ich bemerke gerade, dass dieser Eintrag schon so wieder recht lang geworden ist. Eigentlich wollte ich ja über Santa Ana schreiben, aber ich habe wiedereinmal mit der Landeskunde begonnen und so verschiebe ich Santa Ana dann auf die nächste Woche. Ich denke, ihr werdet es mir verzeihen.
Liebe Grüße und bis bald!
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