Im letzten (und vielleicht sogar vorletzten) Beitrag war schon das eine oder andere Mal die Rede vom Darién Gap. Wer in der Region geografisch nicht so ganz fit ist, braucht vielleicht eine Erklärung: Diese Lücke ist die Verbindung zwischen Panama und Kolumbien und damit auch die Grenze zwischen Zentral- und Südamerika. Aber warum wird das Ganze nun als Lücke und nicht als Brücke o.ä. bezeichnet? (Ritzeratze voller Tücke in die Brücke eine Lücke)
Das liegt daran, dass es sehr schwierig ist, diesen dichten Dschungel zu durchqueren. Etwa 100 km Dschungel werden durch keine Straße o.ä. verbunden. Es gibt nur Urwald, wilde Tiere, Menschen- und Drogenschmuggel und andere weniger schöne Dinge.
Selbst die Panamericana, die über 48.000 km von Alaska nach Feuerland führt, ist hier unterbrochen und alle Güter und Menschen müssen über den See- oder Luftweg transportiert werden. Ein Versuch, sie zu komplettieren, scheiterte neben dem Widerstand von Indigenen und Naturschützern auch an der praktischen Durchführbarkeit aufgrund des Terrains.
Capurganá ist nur mit dem Boot oder einem kleinen Flugzeug zu erreichen und der letzte Ort auf kolumbianischer Seite, bevor der Dschungel beginnt. Ich nahm also das Boot und mit 30 Knoten ging es in dem recht kleinen Gefährt etwa 1,5 Stunden über die Bucht.
Die Landschaft ist sehr karibisch (schließlich befand ich mich noch immer an der Karibik-Küste). Das Wasser blau-türkis, die Wälder tropisch und der Ort sehr klein. Die Anzahl an Unterkünften ist überschaubar und so lernte ich schnell einige andere Rucksackis kennen und wir erkundeten gemeinsam die Gegend und hatten einfach eine gute Zeit.
Die andere Seite dieses schönen Erdflecks zeigte sich aber auch beständig und man konnte sie nicht ignorieren: aufgrund seiner geografischen Lage ist Capurganá ein wichtiger Ort für Flüchtlinge aus der ganzen Welt. Aus Asien (z.B. Bangladesch, Indien, Laos und seit dem Ende der Covid-Restriktion auch viele aus China) und Afrika kommen die Menschen mit dem Flugzeug nach Brasilien, Ecuador und Kolumbien und legen den Rest des Weges bis zu ihrem Ziel USA auf dem Landweg zurück. Der Grund dafür ist, dass die o.g. Länder recht laxe Visa-Bestimmungen haben.
Capurganá ist der Sammelpunkt vor dem größten Hindernis dieser Reise: der Querung des Darién Gap. Etwa eine Woche Fußmarsch durch matschigen, mosquitoreichen, sehr bergigen und vor allem von der Außenwelt abgeschnittenen Urwald liegt vor den Menschen. Die Überlebenschancen, falls man sich dabei verletzt, sind sehr gering. Die Chancen, sich zu verlaufen, dafür groß.
Deswegen konnte man überall Menschen in Zelten und einer verlassenen Hotelanlage sehen, die sich vor den Behörden verstecken und darauf warten, mit einem Schleuser die Reise Richtung Panama zu starten. Die Schleuser gehen aber wohl nur bis zur sehr nahen Grenze mit, da das Risiko für sie, falls sie von Militär oder Polizei gefasst werden, sehr hoch ist. Die Flüchtlinge werden in Panama und den nachfolgenden Staaten toleriert, solange sie „in Bewegung bleiben“ und Richtung Norden weiterziehen.
Was sie erwartet, kann man in diesem kurzen Nachrichtenbeitrag (auf Englisch) ganz gut sehen:
Oder in diesem Artikel des SPIEGEL aus dem Jahr 2021. Mittlerweile sind die Zahlen wohl noch höher…
https://www.spiegel.de/ausland/migration-durch-den-darien-gap-zwischen-kolumbien-und-panama-der-wald-der-leben-zerstoert-a-5277dd06-6060-4562-b975-b3a6556d2aaf
Es gibt einem schon zu denken, dass man dort hin fährt, um den Strand zu genießen und Wanderungen zu unternehmen. Und diese Menschen machen sich auf so eine lebensgefährliche Tour.
Nichtsdestotrotz genoss ich die Zeit dort und blieb 10 Tage. Es ist auf jeden Fall so, dass man sich im Laufe der Zeit in dieser Region der Welt an den Anblick von Armut gewöhnt.
Eine recht anstrengende Wanderung führte mich und einen anderen Deutschen von Capurganá ins Nachbardorf Sapzurro. Leider begegneten wir relativ wenigen Tieren, aber die Aussichten waren spekulatiös. Von Sapzurro kann man über die Grenze nach Panama spazieren. Es ist aber kein richtiger Grenzübergang, da das Dorf auf der anderen Seite komplett vom Rest Panamas abgeschnitten ist. Nach einem kurzen Bad im Meer geht man also wieder zurück. Einen Stempel bekommt man auch nicht in seinen Pass, ein einsamer Soldat schaut lediglich den Reisepass an, falls man ihn dabei hat. Wenn nicht, ist es wohl auch nicht so schlimm.
Aber immerhin kann ich jetzt behaupten, dass ich mal in Panama war!
Ich entspannte noch ein paar Tage und machte nichts, außer ein bisschen am Blog zu schreiben. Das Hostel war wunderschön im Wald gelegen und man konnte Affen sehen und der Natur lauschen. Strom gab es immer ab etwa 10 Uhr morgens bis irgendwann am Nachmittag und dann noch einmal am Abend bis kurz nach Mitternacht. Aber wenn man es weiß, dann ist das ja kein Problem und gefiel mir sogar ziemlich gut. Leben am Limit!
Bis zum nächsten Mal!
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