Guten Morgen liebe Leser!

Nach einer langen und nicht sehr schönen Fahrt im Shuttle war ich endlich im letzten „richtigen“ Land meiner Reise. Ich war wirklich froh, heil angekommen zu sein!

Nach den wunderbaren letzten Tagen in El Salvador war meine Stimmung erstmal so mittelgut. Irgendwie hatte ich keine richtige Lust auf Stadt, das Hostel war doof und überhaupt war es viel zu heiß! León ist eine der heißesten Städte des Landes…

Ich guckte mir ein wenig die Stadt an, nahm an einer kostenlosen Stadtführung teil und reiste erstmal weiter. Eigentlich reiste ich aber eher wieder zurück, denn es ging nach Norden zum Somoto-Canyon in der Nähe der Stadt Estelí.

Dieser wurde erst vor weniger als 20 Jahren „entdeckt“. Natürlich wussten die Locals schon immer von seiner Existenz, aber als zwei polnische (?) Geologen auf ihn aufmerksam wurden, begann seine Erschließung für den Tourismus.

Der Massentourismus ist hier aber noch nicht angekommen. Nach dem Komplettzusammenbruch des Tourismus in ganz Nicaragua 2018 erholt sich diese Gegend aufgrund ihrer Abgeschiedenheit besonders langsam. (kurze Hintergrundinformation: 2018 gab es in Nicaragua Proteste gegen die seit vielen Jahren regierende Partei des Sozialisten Daniel Ortega. Sie mündeten schnell in Gewalt und der Tourismus kam dadurch nahezu komplett zum Erliegen. 2021 sind die nächsten Wahlen angesetzt und es bleibt zu hoffen, dass sich die Ereignisse nicht wiederholen. Viele Hostelbesitzer und anderweitig in der Branche arbeitende leb(t)en von ihren Ersparnissen und können ein weiteres Jahr ohne Einkommen nicht verkraften.)

Ich übernachtete im Dorf neben dem Canyon. Es ist eine Kooperative, die einige Hütten zum Übernachten errichtet hat und die Touren im Canyon organisiert. Das Geld bleibt also in der Community, da auch die Guides aus der Nähe stammen. Ich denke man kann dies als nachhaltigen Tourismus bezeichnen!

Zu dritt brachen wir mit einem Guide auf. Wir fuhren zunächst zum Anfang des Canyons. Von dort wanderten und schwammen wir einige Stunden lang den Canyon entlang. Es war ein tolles Erlebnis, wenn auch recht kalt. Aus irgendeinem Grund war es an diesem Tag bewölkt und das Wasser außerdem recht kühl. Unterwegs konnten Mutige (unvernünftige) Sprünge verschiedener Höhen absolvieren. Einer der Guides einer anderen Gruppe sprang von etwa 15m Höhe in einen recht engen Pool, den der Canyon geformt hatte. Sehr beeindruckend, aber ich verzichtete gerne darauf.

Neben den natürlichen Sehenswürdigkeiten war es auch witzig, die nicaraguanischen Touristen zu beobachten. Da die meisten nicht schwimmen können, bewegten sie sich unbeholfen durchs Wasser oder ließen sich auf Schwimmreifen umherschieben. Ein Hund begleitete uns ein längeres Stück der Tour. Er schwamm immer möglichst schnell von einer Stelle zur nächsten und wartete dann auf uns. Sehr süß!

Am nächsten Tag fuhr ich nach Estelí, einer Kleinstatdt, die vor allem vom Kaffee-Anbau und der Tabakindustrie lebt. Überraschenderweise hatte es im Camp am Canyon kein Internet gegeben und ich somit kein Hostel gebucht. Im Reiseführer sind einige aufgelistet und ich begab mich auf die Suche. Das erste empfohlene existierte leider nicht mehr. Es hat die Krise letztes Jahr nicht überlebt. Auch das Hostel, in dem ich schließlich übernachtete, hatte vorübergehend geschlossen und erst eine Woche vor meinem Besuch wieder zwei Leute angestellt. Es geht also aufwärts, aber langsam.

Im Hostel traf ich auch einige Leute aus dem Hostel am Strand in El Salvador wieder. Das passierte mir auf meiner Reise übrigens des Öfteren; eine Engländerin zum Beispiel traf ich zwischen Anfang Dezember und Februar insgesamt dreimal.

In Estelí wanderte ich zu einem Wasserfall und ließ mir erklären und zeigen, wie aus Tabakblättern Zigarren gemacht werden. Auch wenn ich mich persönlich nicht so sehr für diese Lungenverschandelung interessiere, war der Prozess interessant und meine Bildung wurde verbessert. Am schlimmsten fand ich den Gestank des Tabaks in der Manufaktur. Er reizt Augen und Nase ziemlich stark.

Die Zigarren werden komplett in Handarbeit hergestellt. Wenn sie zu dünn oder zu dicht gerollt wurden, werden sie auch von Hand wieder auseinandergerollt und es beginnt noch einmal von vorn. Einige Damen packen jeden Tag die fertigen Zigarren in 20er Päckchen Klarsichtfolie ein. Es erinnterte mich ein bisschen ans Geschenke einpacken. In einige Päckchen hatte eine Arbeiterin allerdings 25 statt 20 gepackt, also wurden die Pakete wieder aufgemacht, die Folie neu zugeschnitten und dann wieder verpackt. Es tat fast ein bisschen weh zu sehen, wie langsam und unefektiv das Ganze vonstatten ging. Aber ich akzeptiere, dass da der Deutsche in mir durchkommt. Und ich beschloss, mich einfach zu freuen, dass auf diese Weise mehr Menschen Arbeit haben.

Danach ging es wieder zurück nach León. León und Granada waren seit jeher die wichtigsten Städte Nicaraguas und standen immer in starker Konkurrenz. Schließlich bekriegten sie sich sogar! Irgendwann wurde dann Managua zur Hauptstadt erklärt und dann war Ruhe. (Kurzfassung der Geschichte)

Leoń ist die Stadt der Intelektuellen und von den beiden die eher progressiv eingestellte. In León gibt es einige Universitäten und die Stadt ist deshalb auch für ihre Partyszene berühmt. Architektonisch ist sie allerdings nicht so spannend, viele Häuser sind verfallen und in schlechtem Zustand. Natürlich hat auch das seinen Charme, aber verfallene Häuser hatte ich in letzter Zeit öfter gesehen…

León als Stadt der sozialistischen Revolution hat auch ein Revolutionsmuseum. Ich würde sagen, es ist das schlechteste Museum, das ich jemals besucht habe. Zumindest bis dahin, denn ein paar Wochen später wurde es noch übertroffen! Trotzdem wird es mir in Erinnerung bleiben. Das Museum in León befindet sich in einem wirklich stark verfallenen Haus. Auf den Bildern kommt das gar nicht so rüber… Und dann gibt es ein paar extrem verblichene und vergilbte Fotos und ein paar Daten über Sandino. Im Preis inklusive ist eine kleine Führung. Mein Guide sprach allerdings ein mir sehr unverständliches Englisch und betete im Wesentlichen auch nur ein paar Daten und Fakten herunter. Am Ende der Führung geht man aufs Dach des Gebäudes. Das Wellblech wackelt und ist stark verrostet und hat sehr sehr große Löcher. Weit fallen kann man allerdings nicht, da unter dem Wellblechdach noch eine Betondecke kommt. Man könnte sich höchstens das Bein aufschlitzen, es ist also sicher. Nur zu nah an die Kante sollte man nicht gehen, ein Geländer gibt es nämlich nicht…

Soso, genug der Ironie und des Sarkasmus. Ich sitze zum Zeitpunkt der Erschaffung dieses Eintrags in San José (Costa Rica) auf dem Flughafen. Ich werde die Nacht hier verbringen und gegen 7 Uhr Richtung Miami starten. Irgendwie bin ich müde…

Liebe Leser, ein weiteres Mal vielen Dank fürs Lesen. Bis bald!